In prähistorischen Zeiten war die Schlange kein Symbol für Böses oder Gefahr, sondern symbolisierte weibliche Weisheit, Macht und Regeneration.
Häutung
Die jahreszeitliche Erneuerung der Schlange mit Häutung und Winterschlaf und das Legen von Eiern machte sie zu einem Symbol für die Kontinuität des Lebens, Wiedergeburt und Unsterblichkeit.
Da Schlangen sowohl über als auch unter der Erde agieren, verbinden sie die Unterwelt mit der Oberwelt.
"Nicht der Körper der Schlange war heilig, sondern die Energie, die dieses sich windende und schlängelnde Wesen ausstrahlt, die über seine Grenzen hinausgeht und die Welt um ihn herum beeinflusst". Marija Gimbutas.
Matriarchales Symbol
Schlangen dienten als Begleiterin der Göttin. In Verbindung mit magischen Pflanzen waren die Kräfte der Schlange mächtig, um zu heilen und neues Leben zu schaffen.
In Hausschreinen im Alten Europe wurden Figurinen der Schlangengöttin gefunden.
Auf alteuropäischer Keramik gewann das Schlangenthema immer mehr an Bedeutung und erreichte seinen Höhepunkt um 5000-4000 v. Chr. Seine symbolische Bedeutung inspirierte die Entwicklung der "Schlangenspiralen-Kunst".
Menstruationsschlange
Ihre Symbolik war eng mit der des Mondes verbunden, da sie sich wie der Mond periodisch erneuerte – die Theologin Jutta Voss interpretiert die Schlange als das archetypische Symbol der ewig erneuernden Kraft des weiblichen Blutes.
Die „Menstruationsschlange“ der Göttinnen erschien in Ägypten in Form des Shen-Rings in roter Farbe als Symbol der Göttin, wie er beispielsweise von Inanna oder Ishtar getragen wurde. Der Shen-Ring wurde dann zum A und O und später auch zum Symbol der Frau.
„In der altägyptischen Mythologie ist die Kobra-Göttin Ua Zit [Isis] die ursprüngliche Schöpferin der Welt.“ Riane Eisler
Minoische Schlangengöttin
Die Verehrung der Schlangengöttin setzt sich in der Bronzezeit fort, insbesondere auf Kreta.
Noch um 1600 v.u.Z. gehörten Schlangen auf Kreta/Knossos zu den zentralen Bildern der Göttinnenverehrung. Die Schlange galt als Wächterin des Tempels, wo sie Ratten und Mäuse von dem in riesigen Urnen gelagerten Getreide fernhielt. In Delphi wurden Schlangenverehrungsstätten gegründet, wo man die Schlange um Rat, ihre Weissagungen bat.
Assoziation mit dem Bösen
Für die Indoeuropäer war die Schlange ein Symbol des Bösen, des Todes und der Unterwelt.
Im Wandel vom Matriarchat zum Patriarchat, das die Indoeuropäer mit sich brachten auf ihrer Invasion, wurde die Schlange einem Imagewandel unterzogen. Die Verteufelung, Verfolgung und Ermordung der Ur-Göttin, in ihrer Gestalt als Große Schlange, ist in den indoeuropäischen Schlangen- und Drachenmythen vertieft.
Dass die Schlange, das ureigene Göttinsymbol mit den Attributen Fruchtbarkeit, Stärke und Weisheit, zum Prinzip des Bösen schlechthin verkehrt wurde, zeigt sich am deutlichsten in der christlichen Paradiesgeschichte des Alten Testaments. Mit der Verteufelung der Schlange musste das Matriarchat ein für alle Mal ausgetrieben werden.
Dass die Schlange, das eigentliche Symbol der Göttin mit den Attributen Fruchtbarkeit, Stärke und Weisheit, zum Prinzip des Bösen schlechthin verwandelt wurde, zeigt sich am deutlichsten in der christlichen Paradiesgeschichte im Alten Testament. Mit der Dämonisierung der Schlange musste das Matriarchat ein für alle Mal beseitigt werden.
„»Die Umwandlung des alten Symbols der prophetischen Weisheit in ein Symbol des satanisch Bösen und die Beschuldigung der Frau, für alles menschliche Ungemach verantwortlich zu sein, waren politische Notwendigkeiten. Es waren bewusste Umkehrungen früherer Realitätsvorstellungen.«“ Riane Eisler
Drache & Lindwurm
Es gibt eine auffallend große Anzahl diffamierender Legenden, Sagen, Rituale, Heiligengeschichten, Mythen von heldenhaften Schlangen- und Drachentötern.
Die Mörder der Ur-Göttin werden in der patriarchalen Religion und Mythologie als Helden verehrt und im Christentum geheiligt. Die furchtlosen Drachentöter wie der Heilige Georg (rechts) brachten nicht das Licht, sondern Gewalt und Krieg.
Fortbestehen der Schlangenanbetung
In Litauen, das seine heidnische, alteuropäische Tradition bis weit ins 20. Jahrhundert hinein bewahrt hatte, war die Schlange eine Hausgottheit. Sie lebten unter den Böden der Häuser, wurden mit Milch gefüttert und durften in die Häuser kommen. Sie waren Beschützer der Familie und der Tiere, insbesondere der Kühe. Jede Familie und jedes Tier hatte als Schutzgottheit eine Schlange, deren Energie die gleiche war wie die des Menschen oder des Tieres. Das Erwachen der Schlange nach dem Winterschlaf bedeutete das Erwachen der gesamten Natur und wurde gefeiert. Das Töten von žaltys (Schlangen) sollte großes Unglück über den Haushalt bringen.
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