Seit der Altsteinzeit wird die Vulva als Ursymbol der Kreativität und Quelle der Schöpfung, des Lebens und des Todes dargestellt.
Die Vulva in der Vorgeschichte
Das „Tor zum Leben“ ist das häufigste Symbol prähistorischer Zeiten
Die Vulva war einmal heilig. In den frühesten historischen Siedlungen sind Vulva-Symbole in Höhlenwände geritzt, auf Figuren geformt. Meistens handelt es sich um Gravuren auf Stein, Knochen oder Elfenbein. Die früheste gefundene Darstellung befindet sich in der Chauvet Höhle aus dem Jahr 37.000 v. Chr. und auf der Venus von Hohle Fels.
"Schon lange vor der Entwicklung des Ackerbaus stellten die Menschen in der Kunst Vulvae, Samenkörner und Schösslinge dar. In den frühesten Abbildungen der weiblichen Gottheit aus dem Aurignacien um 30’000 war die Vulva in Felsen eingeritzt - fast immer abstrakt und schematisch dargestellt, meist dreieckig, halbkreis- oder glockenförmig, mit einem Strich oder Punkt zur Bezeichnung der Vaginalöffnung."Marija Gimbutas
Sacred Display - Heilige Darstellung
ist ein Begriff, den Miriam Robbins Dexter für die Darstellung der Vulva geprägt hat
„"Die ubiquitäre sakrale Darstellung spiegelt die enorme Numinosität des prähistorischen göttlichen Weiblichen und seiner magischen Genitalien wider (...) und die Verehrung dieser Kräfte.'“
Miriam Robbins Dexter
„Die Betonung der Vulva in der Bildhauerkunst späterer Perioden macht deutlich, dass diese Bilder aus dem Jungpaläolithikum nicht rein physiologisch als Symbole der ‚Frau‘ zu interpretieren sind, sondern den Schoß der Göttin darstellen.“ Marija Gimbutas, Archäologin und Linguist
Sheela-na-gig
Vulva-Darstellung an Kirchen, um böse Geister fernzuhalten (apotropäisch)
Sheela na gigs sind figürliche Schnitzereien aus dem 11. und 12. Jahrhundert, die eine übergroße Vulva zeigen und an Türen von Kirchen, Schlössern und anderen Gebäuden, insbesondere in Irland und Großbritannien, zu finden sind.
»Das heilige Bild der Yoni ist ein Archetyp, ein zeitloses Energiemuster, das in der menschlichen Psyche vorkommt.« Star Goode
Inannas Schoß voller Honig
Vor fünftausend Jahren wurde die Vulva der sumerischen Göttin Inanna im heutigen Irak als heilige Stätte verehrt. In sumerischen Hymnen wurde der "Schoß der Göttin aus Honig" gepriesen, ihre Vulva mit "einem Boot des Himmels" verglichen und die Fülle gefeiert, die "aus ihrem Schoß hervorquillt". Die heilige Sexualität wurde gefeiert und Hierosgamos genannt.
Die Verbindung zwischen ihrer Sexualität und der Fruchtbarkeit der Erde war so direkt, dass sogar Salatblätter als Schamhaare der Göttin beschrieben wurden.
Der Untergang der Vulva
Doch irgendwann wurde die Vulva mit dem Obszönen und Pornografischen assoziiert. Mit dem Wandel der Kultur wurde die Vulva zunehmend zensiert oder ganz versteckt. Fruchtbarkeitsgöttinnen, die ihre Vulva zeigen, wurden nur noch in Frauenräumen dargestellt.
Unterdessen wurden im öffentlichen Bereich weibliche Statuen und Vulvasymbole verdeckt oder zugunsten phallischer Symbole vollständig entfernt. Es gibt viele wissenschaftliche Debatten darüber, wie und warum die Vulva zensiert wurde, aber eine erwähnenswerte Theorie ist die Zunahme der Alphabetisierung und der überwiegend männlichen Dramatiker und Dichter im antiken Griechenland. Leonard Shlain argumentiert in seinem Buch „Das Alphabet gegen die Göttin“, dass das Verschwinden der Vulva mit einer Zunahme der Phallussymbolik und einer gebildeteren Gesellschaft einhergeh und die Frau aus der Geschichte herausgeschrieben wurde.
Beispielsweise argumentiert der Gott Apollon in der von Aischylos (ca. 525 – 455 v. Chr.) verfassten Trilogie „Die Orestie“, dass Männer die Schöpfer des Lebens und Frauen lediglich ein passives Gefäß seien.
Vulva als Yoni
In Teilen Indiens hat die Kunst des Liebesspiels und die Verehrung der Vulva wahrscheinlich am längsten überlebt.
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